| keine Erinnerung an St. Petersburg |
Zu Schulzeiten mussten wir uns neben Englisch eine weitere Fremdsprache aneignen. Damals hatte man sich keine großen Gedanken gemacht über die Zukunft und deshalb fiel die Wahl oft auch in Abhängigkeit der Sympathiepunkte des potentiellen Lehrers. Wie sich später herausstellte sind die kyrillischen Buchstaben nie meine Freunde geworden, bis heute nicht. Immerhin kann ich das R „Я“ sehr gut über die Lippen rollen. Das liegt wohl auch an den ostpreussischen Wurzeln meiner Familie.
Egal, das Ziel unserer Etappe war St. Petersburg. Die Einreise nach Russland ist eine kleine Herausforderung. Vier mal haben wir diese Grenze passieren dürfen und erst beim letzten Grenzübergang fanden wir heraus wie es richtig gemacht wird. Dazu später mehr. Vorbereitend ist es wichtig sich ein Visum zu organisieren, denn ohne wird es schwierig wie man uns sagte. Wir haben das Visum von einer Reiseagentur beantragen lassen. Nach 2-3 Wochen kamen unsere Pässe wieder zurück und wir waren ca. 100 € p.P. ärmer, dafür hatten wir kein Trouble. Auch stellten wir uns die Frage was wir alles schmuggeln dürfen. Nicht das wir Schmuggelwae dabei hatten, aber man weiß ja nie und Unwissenheit schützt bekanntlich vor Strafe nicht. Je länger wir darüber geredet haben, verließ unsere geliebte Drohne den Syncronator und fuhr mit – bei 3 Mädels – in Richtung Estland. Drohnen sind in Russland verboten, aber wie sich herausstellte waren die Grenzbeamten nie wirklich interessiert an der Technik, vielmehr an den Flüssigkeiten.
Die Einreise erfolgte über Finnland an einem Grenzübergang bei Lappeenranta. Wir stellten uns an einer langen Fahrzeugschlange an. Schließlich waren wir dann irgendwann dran, gingen in die Baracke, zeigten unsere Pässe und wurden gefragt was wir denn überhaupt vor haben in Russland. Kurzer Smalltalk und wir durften weiterfahren. Das ging alles verblüffend schnell, kein Wunder denn danach kam erst die eigentliche Grenze – die Russische – das war erst die Finnische. An der russischen Grenze wurden wir auf eine separate Spur verwiesen und sollten irgendwelche Zettel ausfüllen. Ein Zettel pro Person und ein Zettel für das Auto. Kein Problem, ausfüllen können wir, aber leserlich musste es auch noch sein, es gibt schließlich für jeden Buchstaben ein Kästchen. Sagen wir es so, nachdem Ich den Zettel 3 mal ausgefüllt habe und nicht verstanden hatte, was die Frau Grenzerin von mir wollte, da sie partout kein Englisch gesprochen hat, haben wir es aufgegeben und im Auto auf weitere Anweisungen gewartet. Getröstet hat uns der Fakt, dass es anderen deutschen Mitreisenden nicht besser erging. Nach ca. 1,5 h Stunden sinnlosen Verweilens im Transitbereich und nach Beendigung der ausgiebigen Mittagspause der Beamten ging es schließlich weiter. In der Zeit hatten wir ein paar Lötarbeiten und weitere Reparaturmaßnahmen am Sycronator durchgeführt.
Witziger Weise musste dann plötzlich alles ganz schnell gehen. Alle Türen auf, Dachkisten öffnen, schnell schnell, давай давай. Kontrolle kann man zu dieser Situation gar nicht sagen, es war vielmehr eine hektische russische Theateraufführung, klasse. Am Ende gab es von den Beamten wenig zu beanstanden. Sichtlich genervt, aber dennoch erlöst durften wir weiter fahren – Richtung St. Petersburg.
Nicht sehr unterwegs auf den russischen Straßen war klar, hier muss das Lenkrad benutzt werden, denn sonst droht einem der Fall in eines der ziemlich tiefen Schlaglöcher, welche sich über die gesamte Fahrbahnbreite verteilten. Nur in Russland gibt es eine provisorische Spur neben der eigentlichen Straße. Diese muss wohl über die Zeit von alleine entstanden sein, eben aufgrund der vielen Schlaglöcher auf der eigentlichen Straße. Kurz vor St. Petersburg wurden wir angehalten, oh nein – nicht schon wieder – war unser erster Gedanke, aber alles halb so wild, der nette Kollege ersetzte nur die Ampel und kommunizierte einem weiteren Kollegen in 500 m Entfernung über einfache Handzeichen, um den Verkehr in einer Baustelle zu regeln. Wir sagen dazu Ampel.
In St. Petersburg selbst haben wir schnell unser Hotel aufgesucht, um schließlich auch noch die Stadt zu erkunden, denn am nächsten Tag sollte es ja schon weitergehen Richtung Estland. Ehrlich gesagt sind wir etwas platt gewesen und aus dem Sightseeing wurde eine Suchmarathon, um die Tagesaufgabe noch zu lösen. Denn diese hieß: finde den einzigen Beach Club in St. Petersburg. Zu diesem Zeitpunkt waren angenehme minus 8 Grad Celsius und wir haben das Ziel ziemlich lange gesucht bis wir letztlich in einem schneebedeckten und sandigen Beach Club strandeten. Uns haben schon ein paar andere deutsche und niederländische Teams erwartet, sowie ziemlich leckere Wodka’s von einer netten Kellnerin. An alles weitere können wir uns nur schwer erinnern, jedenfalls sind wir wieder im Hotel aufgewacht.
Nach dem Frühstück nutzten wir also die Zweifel an der Fahrtüchtigkeit und haben Zeit damit verbracht weitere Eindrücke von der Stadt zu sammeln. Obwohl es nicht erlaubt ist, marschierten viele Russen über zugefrorene Newa, die einen erheblich Anteil am Stadtbild ausmacht. Wir taten Ihnen gleich und waren ziemlich beeindruckt von den Eisformationen in der Fahrrinne.
Auffällig war auch, dass alle Einwohner auf den zugefrorenen Gehwegen laufen mussten, nirgends war gestreut oder gesalzen. Das liegt auch daran, dass die Dachentwässerung direkt an den Fussgängerwegen endete, für uns bis jetzt ein Rätsel. Naja, noch ein Souvenir hier und ein Bildchen dort, am Eremitage vorbei über den Palastplatz schließlich zurück zum Syncro. Summa summarum bleibt festzuhalten, dass St. Petersburg nicht wirklich das Leben in Russland repräsentiert. Im Gegenteil, die Stadt wirkt wie ein kaltes Berlin. Überall ist was los, große Werbetafeln und Fastfood an jeder Ecke. Aber dennoch, die Prunkbauden sind schon irgendwie beeindruckend, auch die Menschen sind eingangs unfreundlich, aber dann doch hilfsbereit und nett. Die nördlichste Millionenmetropole der Welt ist wirklich eine Reise wert. Sicher gibt die Stadt und Umgebung genug her für ein verlängertes Wochenende. Wer authentisches Russland sehen möchte sollte sich sicher ein anderes Reiseziel suchen. Unser Tipp: rechtzeitig den Absprung aus dubiosen Bar’s schaffen…
und jetzt… auf ins Baltikum.